Flexible textiltechnologische Verfahren für die Herstellung von belastungsgerechten Naturfaserhalbzeugen
Die SachsenLeinen GmbH entstand im Jahr 1997 aus der strategischen Allianz von Firmen und Forschungseinrichtungen der Bastfaserindustrie Sachsens - dem Sachsen-Leinen e.V. Das Unternehmen bietet Dienstleistungen rund um Anbau, Ernte und Verarbeitung pflanzlicher Fasern an. Seit 2001 liegt der Fokus dabei besonders auf der Belieferung mit Naturfasern, vorrangig für die Automobilindustrie zum Strukturleichtbau sowie für Unternehmen der Textil- und Baustoffindustrie. Ein weiteres Standbein der sächsischen Firma ist der Handel mit Technik für die Ernte, Verarbeitung und Veredlung von Naturfasern.
Um Anbau, Ernte, Aufbereitung und Veredlungsprozesse im Kontext und branchenübergreifend zu entwickeln sowie an wirtschaftliche Anforderungen anzupassen, engagieren sich die Naturfaserspezialisten in unterschiedlichen Unternehmensnetzwerken zur Entwicklung neuer Verfahren. SachsenLeinen arbeitet dazu in zahlreichen interdisziplinären Forschungsprojekten mit. Ein Schwerpunkt ist dabei die partielle und Hochleistungs-Faserverstärkung von Strukturbauteilen unter Nachhaltigkeitsaspekten.
Geschäftsführer Torsten Brückner, lenkt die Geschäfte der Firma seit der Firmengründung. Als Koordinator des Verbundvorhabens optiformTEX managt er die Arbeit an neuartigen Fertigungstechnologien für Naturfaserhalbzeuge.
Drei Fragen an Torsten Brückner, Geschäftsführer der SachsenLeinen GmbH, Markkleeberg
In welchem Vorhaben arbeiten Sie mit?
Zusammen mit der Volkswagen AG, der Dilo Machines GmbH, dem Sächsischen Textilforschungsinstitut e.V. (STFI) und der Technischen Universität Chemnitz entwickeln wir eine textile Technologie für neue flächige Naturfaserhalbzeuge aus Stapelfasern. Die Fasern sollen eine belastungsgerechte topologische Materialverteilung aufweisen und damit eine partielle Funktionalisierung derartiger Halbzeuge durch unterschiedliche Hochleistungsstapelfasern (u. a. Naturfasern oder Produktionsreststoffe) ermöglichen. Dies lässt eine signifikante Gewichtsreduzierung von 30 bis 50 Prozent bei Leichtbauteilen zu. Durch die prozessintegrierte Fertigung und Konfektionierung wird die Wirtschaftlichkeit derartiger Produkte erhalten bzw. verbessert.
Welche Ziele verfolgen Sie mit Ihrer Arbeit im Projekt futureTEX?
In optiformTEX forschen wir an einem flexiblen textiltechnologischen Verfahren und den zugehörigen Anlagenkomponenten für die Herstellung von belastungsgerechten Naturfaserhalbzeugen. Dieses soll durch gezielte Beeinflussung der Flächenmasseverteilung im Flor vor der Halbzeugverfestigung im Vliesstoff erreicht werden.
Ein Schwerpunkt wird dabei besonders auf die Umsetzung einer belastungsangepassten Flächenmasseverteilung im Naturfaserhalbzeug während der Halbzeug-Herstellung gelegt. Ebenso streben wir die Inline-Konfektionierung der hergestellten Halbzeuge zu Fertigzuschnitten an. Dadurch wird eine partielle lokale Funktionalisierung durch unterschiedliche Hochleistungsstapelfasern (wie beispielsweise Recycling-C-Fasern, Rayon-, Basaltfasern, Hochleistungsnaturfasern, etc.) erreicht. Dazu müssen zum einen Fertigungslinien gemäß der Bauteilanforderungen flexibel gestaltet und zum anderen anlagentechnische Nachrüstlösung für bestehende Vliesanlagen geschaffen werden.
Die Vermarktung des neuen optiformTEX-Konzepts als Nachrüstlösung für bestehende Vliesanlagen steht als wirtschaftliches Ziel an. Ebenso soll die Herstellung neuer optiformTEX-Halbzeuge dank der angestrebten Prozesseffizienz und Minimierung des Materialeinsatzes kostenneutral gestaltet werden, damit wir auch langfristig mit unserer Entwicklung am Markt bestehen können.
Die entstandenen neuartigen optiformTEX-Naturfaserhalbzeuge können in Leichtbauteilen des automobilen Interieurs zum Einsatz kommen. Das ist jedoch nur ein Anfang. Aufgabe ist, auch weitere Anwendungsbereiche abseits der Automobilindustrie zu erschließen und systematisch zu entwickeln. Dabei sind z. B. Anwendungen in der Matratzenfertigung ebenso denkbar wie dreidimensionale Polstervliestoffe in der Bekleidungsindustrie.
Mit dem Vorhaben fördern wir die übergreifende Kooperation zwischen Landwirtschaft, Textilindustrie und Automobilbau und sehen in der verstärkten Nutzung natürlich nachhaltiger Ressourcen in Hochleistungsbauteilen großes Potenzial.
Welche Erwartungen und Wünsche haben Sie an die Zusammenarbeit im Konsortium?
Meine Erwartungen an das Konsortium sind darauf gerichtet, die realen textilen Herausforderungen der Zukunft zu erkennen und im Interesse der Unternehmen und der Gesellschaft zu gestalten. Ich denke hier sind wir teilweise auf dem richtigen Weg. Betrachten wir mit "future" eine Zeitspanne nicht nur von wenigen Jahren, sondern generationenübergreifende Zeiträume, sind Fragen der Erhaltung der Lebensgrundlage auf der Welt aus meiner Sicht die vordergründigen Herausforderungen. Mit den Möglichkeiten des Konsortiums von futureTEX können diese Herausforderungen mit wirtschaftlich zukunftsorientiertem Handel verbunden werden.
Ihr Statement zu futureTEX in einem Satz
Wir sollten uns fragen, wo werden die heute produzierten Produkte in 40 Jahren sein? Eine wichtige Zukunftsfrage im Interesse nachfolgender Generationen auch im Textilbereich ist eine echte Nachhaltigkeit in der Produktion ohne Downcycling. Wenn nicht die deutsche Forschungslandschaft diese gesellschaftliche Herausforderung und gleichzeitig wirtschaftliche Chance einer echten Nachhaltigkeitsstrategie erkennt, wer dann auf dieser Welt. Dazu haben wir auf Grundlage der zur Verfügung gestellten Fördermittel die gesellschaftliche Verantwortung - auch über futureTEX hinaus.
Vielen Dank für das Interview.
Dr. Ina Meinelt, P3N MARKRTING GMBH